Veranstaltung: | Herbstmitgliederversammlung in Duisburg! |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Votenvergabe Bundestagswahl 2021 (14:40 - 15:00 Uhr) |
Antragsteller*in: | Lamya Kaddor |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 08.10.2020, 16:27 |
B-BTW2: Bewerbung um ein Votum zur Bundestagswahl Lamya Kaddor
Selbstvorstellung
Liebe Duisburger Grüne,
hiermit bewerbe ich mich um Euer Votum und Euer Vertrauen für eine Bundestagskandidatur auf der nordrhein-westfälischen Landesliste.
Warum gerade jetzt?
Seit einiger Zeit denke ich darüber nach, mich aktiv in das politische Geschehen einzubringen. Als Publizistin führe ich in den Medien mehrere Kolumnen. Irgendwann fiel mir auf, dass ich dabei oft Forderungen an „die“ Politik stelle: Sie müsse dies tun, das lassen, sich hierauf mehr, darauf weniger konzentrieren etc. Fordern ist das eine, sich um Umsetzung zu bemühen, das andere. Immer wieder bin ich unentschieden gewesen, wo und wie ich hier einen Beitrag leisten könnte, da ich gerne politisch unabhängig war.
Während meiner langen Beobachtung der Parteienlandschaft bemerkte ich, dass die Grünen die einzige große Partei sind, die nie nennenswert versucht hat, Menschen mit mehreren Herkunftsgeschichten, mit anderen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen auszugrenzen, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Die Grünen stehen immer uneingeschränkt auf Seiten unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung - eingebettet in eine gesunde Umwelt und Natur. Genau dort würde ich mich selbst verorten. Deshalb habe ich mich entschieden, meine Unabhängigkeit hinter mir zu lassen und bin ich vor einigen Tagen Grünes Mitglied geworden.
Was treibt mich an?
Als gebürtige Westfälin, lebe ich seit 2003 mit meinem deutschen Ehemann in Duisburg. Wir haben inzwischen zwei Kinder. Ich stamme aus einfachen Verhältnissen, kenne das Leben am Rande der Gesellschaft. Meine Eltern wanderten in den 70ern ein. Beide hatten nur eine rudimentäre Schulbildung. Trotzdem schafften sie es, mich, meine zwei Schwestern und meinen Bruder zu erfolgreichen Akademikern heranzuziehen. Dafür werde ich ihnen immer dankbar sein.
Ich bin Deutsche ohne Wenn und Aber. Deutschland ist meine Heimat, und ich möchte nicht erst die AfD danach fragen, ob sie damit einverstanden ist. Zugleich möchte ich weder meine syrische Herkunft noch meinen muslimischen Glauben verleugnen.
Liebe Freundinnen und Freunde, ich trete hier nicht als „Quotenmigrantin“ an. Ich bin Wissenschaftlerin an der Uni Duisburg-Essen, Lehrerin am Landfermann-Gymnasium, Publizistin. Meine Themen sind mehr als Einwanderung, Integration, Islam, dennoch haben diese mein bisheriges Leben geprägt. Das geschah nicht immer aus freien Stücken, zum Teil wurden sie mir von außen aufgezwungen.
Leben und leben lassen im Rahmen unserer bundesdeutschen Verfassung, das war und ist mein Leitbild. Dafür habe ich insbesondere als Frau in der Vergangenheit sehr viel Hass und Hetze im Netz wie in der realen Welt einstecken müssen. Islamisten haben mich bedroht, beschimpft und verleumdet und tun es noch, Rassisten und Rechtsextreme haben mich bedroht, beschimpft und verleumdet und tun es noch - unterstützt von ihren intellektuellen Helfershelfer*innen aus der Mitte der Gesellschaft. Ich befasse mich regelmäßig mit diesen Gefahren und wie man gerade in den „neuen Medien“ damit umgehen kann. Radikale Positionen bedrohen unseren Wohlstand und könnten unsere demokratische Gesellschaft zerreißen. Das möchte ich mit Eurer Unterstützung gerne verhindern.
Das vergangene Jahrzehnt war ein sehr intensives und lehrreiches für mich. Ich musste erleben, wie sich ehemalige Schüler von mir radikalisierten, nach Syrien ausreisten und sich islamistischen Milizen anschließen wollten. Gleichzeitig klagten Teile meiner Familie in Syrien, wie schlimm es ihnen unter dem Krieg und den Islamisten geht. Verwandte wurden getötet. 2015 reisten Hunderttausende Geflüchtete aus Syrien zu uns nach Deutschland. Im selben Jahr wurde mein Vater von einem Bombensplitter getroffen, als er arglos durch einen Olivenhain schlenderte. Er verlor sein Bein. Mein Vater war nach seiner Rente immer wieder zwischen dem vermeintlich sicheren Rebellengebiet in Nordsyrien und Deutschland gependelt. Letztes Jahr wurde er bei einem Raubüberfall ermordet.
Woran möchte ich arbeiten?
Die Frage nach dem Zusammenhalt der Gesellschaft, „Wer sind wir?“ und „Was ist deutsch?“, beschäftigen mich durch und durch. In meinem beruflichen Alltag erlebe ich noch immer den strukturellen Rassismus, den ich selbst als Kind vor fast 40 Jahren erfahren musste. Das Verbreiten antisemitischer Verschwörungsmythen und offener Islamfeindlichkeit, aber auch religiöser Fanatismus, die Verachtung gleichgeschlechtlicher Liebe oder Transfeindlichkeit sind nach wie vor Realität. Immer noch schallen „Du schwule Sau“ oder „Du Jude“ als Schimpfworte über unsere Schulhöfe. Das darf nicht sein!
In mir entwickelte sich ein starker Antrieb. Ich entwarf Präventionsprogramme gegen Extremismus, schrieb Bücher darüber und leitete Forschungsprojekte dazu: erst zur „Islamfeindlichkeit im Jugendalter“, aktuell zum „Antisemitismus im Jugendalter“. Gleichzeitig war es mir immer ein wichtiges Anliegen, theologisch ein zeitgemäßes Islamverständnis in Deutschland zu erarbeiten. Mit Gleichgesinnten gründete ich den Liberal-Islamischen Bund e.V., dessen Gründungsvorsitzende ich war, publizierte den ersten deutschsprachigen „Koran für Kinder und Erwachsene“ oder die erste deutschsprachige Schulbuchreihe für den Islamunterricht namens „Saphir“. Ich bildete die ersten islamische Religionslehrer*innen an der Uni Münster aus und unterrichtete als eine der ersten Lehrkräfte Islamische Religionslehre.
Bei den Grünen habe ich nun meine politische Heimat gefunden. Klimaschutz, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und zunehmende Diversität sind Herausforderungen, an deren Gestaltung ich gern teilhaben würde. Eine gesunde Gesellschaft in einer zerstörten Natur kann ebenso wenig aufgehen, wie eine zerstörte Gesellschaft in einer gesunden Natur. Wir brauchen beides. Dazu benötigen wir Antworten, die unserer Demokratie und dem Ruf nach Allgemeinen Menschenrechten gerecht werden. Diese beiden Formen des Klimawandels möchte ich mitgestalten.
Konkret möchte ich auf die Ursachen von Flucht schauen, Strategien dagegen erarbeiten, Lösungen für das globale Problem des menschengemachten Klimawandels vorantreiben. Ich möchte in einem Land leben, das frauenverachtende Positionen stärker ächtet, junge Menschen ernst nimmt und Bildungsgerechtigkeit realisiert. Ich möchte den Rechtsextremismus zurückdrängen und nicht mehr erklären, warum ich so gut Deutsch spreche. Ich möchte klare Haltungen gegen Demokratie-Relativierer*innen vertreten.
Die Trennlinie in unserer Gesellschaft verläuft zwischen all jenen, die sich gegen ökologischen Wandel, soziale Vielfalt und die Gleichheit aller Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung, Religion, Geschlechtsidentitä aussprechen, und all jenen, die diese Realitäten erkennen und gestalten wollen. Um ein prosperierendes und nachhaltiges Land inmitten der EU zu bleiben, müssen wir an dieser Stelle Brücken bauen, überzeugen, erklären, weiterbilden, integrieren und Ängste vor Veränderungen abbauen.
Liebe Freundinnen und Freunde,
bei all diesen Herausforderungen möchte ich als Duisburgerin und Kind des Ruhrpotts die Grünen im Deutschen Bundestag künftig mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft unterstützen, damit wir unsere Gesellschaft gemeinsam in eine gerechte und grüne Zukunft führen. Die Bundestagswahl 2021 und die Jahre danach werden entscheidend sein. Meine Netzwerke, mein Erfahrungswissen und all meine Leidenschaft möchte ich in unser gemeinsames Projekt einbringen, in einem engagierten Wahlkampf und mit aktiver Arbeit vor Ort als Abgeordnete. Ich bin im Wahlkreis Süd/Südwest zuhause, hier und in ganz Duisburg möchte ich mich für euch engagieren. Wir haben am 13. September erlebt, welches grüne Potenzial in dieser Stadt steckt. Lasst es uns gemeinsam heben und vergrößern. Dafür bitte ich um Euer Vertrauen und Eure Unterstützung.
Eure Lamya Kaddor
PS: Mit einigen von euch war ich bereits über verschiedene Wege im Kontakt. Ich freue mich, euch in den nächsten Wochen kennen zu lernen. Wenn ihr mögt, sprecht mich gerne vorab an. Ihr erreicht mich über:
email: info@lamya-kaddor.de
twitter: LamyaKaddor
facebook: Lamya Kaddor
instagram: die_islamwissenschaftlerin
Biografische Angaben
Ich bin islamische Religionspädagogin, Islamwissenschaftlerin und Publizistin. Seit 2003 unterrichte ich Islamkunde, seit 2013 Islamische Religion in Dinslaken und seit diesem Schuljahr in Duisburg. Zwischen 2004 und 2008 war ich Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Münster und vertrat zuletzt dort die Aufgaben der Professur für Islamische Religionspädagogik.
2010 begründete ich mit Gleichgesinnten den Liberal-Islamischen Bund e.V. mit und publiziere zum Islam als Kultur, Religion und Tradition regelmäßig. Zwischen 2017 und 2020 leitete ich ein Forschungsprojekt zur „Islamfeindlichkeit im Jugendalter“ an der Universität Duisburg-Essen. Daran anknüpfend leite ich seit Mai 2020 eine weitere Studie zum „Antisemitismus im Jugendalter“, gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung.
Seit 2017 schreibe ich regelmäßig Kolumnen und Meinungsstücke für t-online, Kölner Stadtanzeiger, der VRM (Rhein-Main-Gebiet) und Mission Lifeline und trete als öffentliche Person regelmäßig in Funk und Fernsehen in Erscheinung.
- Alter:
- 42
- Geschlecht:
- weiblich
- Geburtsort:
- Ahlen (Westf.)